Seeamt zu Hamburg In Seeamtlichen Untersuchungsachsen betreffend: Die Strandung der Bark "Gerhardine" von Hamburg

[Sitzungen 10. Ju1i und 25.0ktober 1888] .

 

Die Strandung der Bark "Gerhardine" in der Algoa Bay unweit Port Elisabeth bei welcher Schiffer Thomsen und zwei Personen der Mannschaft ihr Leben verloren, ist dadurch herbeigefügt, daß Schiffer Thomsen nach den Brechen seiner beiden Ankerketten nicht rechtzeitig die ihn während längerer Zeit angebotenen Hilfe des Hafendampfers annahm.

 

Thatbestand und Gründe

Die in Hamburg heimathsberechtigte Bark "Gerhardine", Unterscheidungssignal NDOT, ist am 8. Mai 1888 in der Algoa Bay gestrandet und zum totalen Wrack geworden, auch verloren bei dem Unfalle Schiffer Hans Peter Thomsen, Zimmermann C.G.W. Kreibich und der Koch N. Thomsen ihr Leben.

Die "Gerhardine", welche im Jahre 1869 zu Neurönnebeck aus Eichenholz gebaut war, hatte vom Bureau Veritas nach einer Besichtigung und Öffnung sowie der Erneuerung des Metallbeschlages im Januar 1888 eine Verlängerung der früher ertheilten Classe +3/3 L.1.1. für 2 Jahre erhalten. Sie hatte einen Nettoraumgehalt von 857,5 cbm - 302,70 brit. Register Tons. Das Casco Schiffes war mit M. 20.000, die Fracht mit M.10,000 versichert.

Das Schiff verließ  mit einer Besatzung von 9 Personen einschließlich des Schiffers am 17. Januar 1888 den Hamburger Hafen nach Port Elisabeth und Menado auf Celebes bestimmt. Die Ladung bestand aus Stückgütern. Nach einer Reise von 97 Tagen erreicht die "Gerhardine" am 25. April Port Elisabeth und ging dort, da für letzteren Hafen Dynamit und für Menado Pulver geladen war, nach Lotsenanweisung an einem besonderem Platze, entfernt von den andern auf der Rhade[1] befindlichen Schiffen, vor 60 Faden Kette zu Anker. Die Ankerpeilung war Cape Recife-feuer in Süd pr. Compaß, Port Elisabeth-feuer in S.W. z. W. 1/4 W pro Am folgenden Morgen kam der Hafenmeister an Bord, maß und untersuchte den Zustand der Ketten und fand dieselben in genügend gutem Zustand.

Die Entlöschung der für jenen Hafen bestimmten Ladung ging hierauf ordnungsmäßig von Statten, hatte jedoch oft manche Schwierigkeit in Folge der schweren Dünung. Am 3. Mai sah die Witterung unruhiger aus, man holte deshalb alle Ketten an Deck und schäkelte die Backbord- und Mauerbordkette hinter der Hütte zusammen. Am 7. Mai Abends war die Ladung für Port Elisabeth bis auf 33 Colli[2] entlöscht. Während der Nacht erhob sich starke südliche Brise mit heftigen Regenschauern und ging die See sehr hoch. Am 6 Uhr Morgens am 8. Mai brach plötzlich die Kette und fing das Schiff in Folge dessen an zu treiben. Sofort wurde der Steuerbordsanker mit 45 Faden Kette fallen gelassen, aber nach wenigen Minuten brach auch diese Kette und trieb die Bark dem Lande und der Brandung rasch näher. Sogleich ließ Schiffer Thomsen die Sturmstagsegel setzten und versuchte beim Winde auszuliegen und die offene zu gewinnen. Das Schiff machte bei der hohen See und dem schweren stürmischen Wetter nur wenig Fortgang. Inzwischen wurde der dritte Anker klar gemacht. Vom Hafen aus mußte die mißliche Lage de Bark bemerkt worden sein, denn der Schleppdampfer der Hafencommission kam hinaus. Anschließend wollte derselbe der "Gerhardine" einen andern Anker bringen, da die Leute des Dampfers auf einen an Deck liegenden Anker zeigten. Schiffer Thomsen lehnte dies Anerbieten ab, da er mit einem Anker noch versehen war und er sich bis zur Besserung des Wetters unter Segel zu halten hoffte. Während 1 ½  Stunden hielt der Dampfer sich in der Nahe der Bark auf, dann dampfte derselbe nach dem Hafen zurück. Als man dies an Bord bemerkte, versuchte man ihn durch Auf- und Wiederziehen der Flagge zurückzuhalten. Ob der Dampfer nicht zurückkommen wollte, oder ob derselbe in Folge der regendicken Luft die Signale nicht sah, ließ sich nicht feststellen.

Da man einsah, daß die offene Bay nicht zu besegeln war, wurde gefaßt, in dem Hafen wieder möglichst näher zu kommen; hierbei flogen die Vordersegel fort. Inzwischen war das Schiff der Brandung sehr nahe gekommen und da keine Aussicht vorhanden war, das Schiff zu erhalten, beschloß Schiffer Thomsen das Schiff an einer möglichst günstigen Stelle an den Strand zu setzen; das Schiff wurde demgemäß von Schiffer Thomsen selbst gesteuert, nachdem vorher das Voruntermarssegel gesetzt worden war. Der Steuermann und der Koch gossen während des nach Strand zu Segelns Oel aus, um die Brandung thunlichst zu mildern.

Schon nach kurzer Zeit, es mochte etwa 10 Uhr Morgens sein, lief das Schiff auf; sofort ergoß sich auch eine schwere Sturzsee über das Schiff von hinten über das Deck. Das Steuerrad, das Ruderhaus, sowie theils der Schanzkleidung wurden weggerissen und der Schiffer sowie der Matrose Kolosow in den Trümmern festgeklemmt. Ersterer hatte schwere innere Verletzungen dadurch erlitten und verschied, nachdem er in die Kajüte getragen war, schon nach einer halben Stunde. Schwere Brandung wälzte sich noch beständig über das Schiff, dasselbe immer weiter zertrümmernd. Da der baldige gänzliche Aufbrachen des Schiffes erwartet wurde, beeilte sich die Mannschaft ein Boot auszubringen. Dasselbe schlug aber sofort um und weitere Versuche in dieser Richtung waren völlig nutzlos. Der hintere Theil des Schiffes war der überlaufenden Seen wegen überhaupt schon nicht mehr zu erreichen. Das Schiff war bereits gebrochen, 8 Fuß Wasser befanden sich im Raum und die Masten konnten jeden Augenblick fallen. Ein schleuniges Verlassen des Schiffes war jetzt geboten. Um thunlichst eine Verbindung mit dem Lande herzustellen, da drei der Leute nicht schwimmen konnten, versuchte man eine Leine mittels einer Leiter an Land treiben zu lassen, jedoch ohne Erfolg. Der Steuermann ließ jetzt die Leute sich so viel wie möglich zu entkleiden und dann den Schwimmversuch zu wagen. Der Leichtmatrose Kolosow mache den ersten Versuch unter Mitnahme einer Leine, er erreicht auch glücklich den Strand, doch wurde ihm die Leine weggeschwemmt. Dann versuchte der Steuermann dies in gleicher Weise. Die Gewalt der Brandung entriß ihm jedoch die Leine und er selbst gelangte gleichfalls nur mit genauer Noth an den Strand. Drei weitere Personen der Besatzung gelangten ebenfalls an Land. Es befanden sich nun noch die drei Leute an Bord, welche nicht schwimmen konnten. Der Zimmermann sprang zunächst ab und kam nicht wieder zum Vorschein, dann sprang der Jungmann Druwe in die Brandung und gelang es diesen den Strand zu erreichen. Als der Großmast und die  ? fielen, sprang auch der Koch ab, doch trieb die Brandung ihn ab und ertrank derselbe. Das Schiff schlug in kurzer Zeit gänzlich auseinander und wurde total Wrack. Der später vorgenommene öffentliche Verkauf der angetriebenen beschädigten Ladung und der Trümmer ergab einen Erlos von £ 242.18.2.

Die Leichen des Schiffers Thomsen und der Koch Thomsen sind später angetrieben und ein Port Elizabeth beerdigt worden; ob ein Gleiches mit der Leiche des Zimmermanns Kreibich geschehen, ist dem Seeamt nicht bekannt geworden.

Die obige Darstellung des Unfalles ist der vor dem deutschen Consul stattgehabten Vernehmung der Steuermanns Schaake und der übrigen geretteten Leute der "Gerhardine" entnommen. Vor dem Seeamt haben von der Besatzung nur der Jungmann Druwe und der Schiffsjunge Iffland gehört werden können, da die übrigen Leute nicht nach Europa zurückgekehrt sind. Dagegen hat auf Veranlassung des Seeamts noch eine Vernehmung des Hafenmeisters von Port Elizabeth und des Führers des Hafendampfers, welcher der "Gerhardine" Hilfe angeboten hat, stattgefunden und haben diese beiden englischen sachverständigen Zeugen erk1ärt, dass nach ihrer Ansicht die Hauptursache des Verlustes der "Gerhardine" darin zu suchen sei, dass der Führer die Gefahr, in welche sein Schiff nach dem Brechen der Ketten gerathen sei, nicht rechtzeitig erkannt habe. Bei dem an jenem Tage herrschenden starken südlichen Wind (S. Z. W) und der hohen See habe dort ein starke N. Oestlich setzende Strömung gestanden, welche die "Gerhardine" mit ihren vor dem Bug hängenden Ketten das Aussegeln sehr erschwert, ja fast unmöglich gemacht habe. Die Unkenntnis dieser Verhältnisse habe wesentlich die Strömung mit herbeigefügt. Ein Aussegeln hätte, wenn überall, nur glücken können, wenn jene Ketten sofort geslippt und mehr Segel gesetzt worden wären. Wiederholt habe der Führer des Hafendampfers dem Schiffer der "Gerhardine" dies zugerufen, ohne daß jene Rathschlage befolgt seien. Unter den gegebenen Verhältnissen hatte die "Gerhardine" die Hülfe des eigens zu ihr hinausgefahrenen Hafendampfers annehmen sollen. Die Absicht des Dampfers sei gewesen, die "Gerhardine" nach dem Ankerplatz unter Sto Croix zu bringen, sie dort mit Ketten, Trossen und Anker zu versehen, von wo aus sie dann nach ihren früheren Ankerplatz hatte zurückkehren können.

Erst nachdem während einer Stunde wiederholt vergeblich Hülfe angeboten worden sei und die darauf zielenden Anfragen sch1ießlich aber nicht einmal mehr beantwortet sein, wäre der Dampfer noch dem Hafen zurückgekehrt, um sich für etwaige Nothfälle anderer Schiffe bereit zu halten.

Nach den für die Rhade von Port Elizabeth geltenden englischen Classificationsvorschriften von Lloyds wären die Ketten auch 1/8 resp. 1/16 Zoll zu schwach gewesen.

Daß das Brechen der Ketten der "Gerhardine" der erste Anlaß zur Strandung des Schiffes gewesen ist, unterliegt keinem Zweifel. Es wird daher zunächst zu untersuchen sein, ob hieran der mangelhafte Zustand oder ein ungenügende Stärke der Kette schuld gewesen ist.

Soweit hat ermittelt worden können, ist die "Gerhardine" bei ihrer im Jahre 1869 erfolgten Erbauung mit zweimal 90 Faden 1 3/16" und 75 Faden 1 1/16" ausgerüstet worden. In späteren Jahren ist nach den Berichten des Bureau Veritas das Schiff mit 2 neuen Ketten zu 105 Faden und einer zu 60 Faden versehen, die Stärke dieser Ketten hat sich nicht feststellen lassen, doch unterliegt es nach der von dem gedachten Classificationsinstituts ertheilten Auskunft keinem Zweifel, daß dieselben mindestens die gleiche Stärke gehabt haben. In den betreffenden Besichtigungsberichten wurden jene Ketten als vorschriftsmäßig bezeichnet und wird hinzugefügt, daß von einer besonderen Abnutzung der Ketten bei der im Jahr 1888 stattgehabten letzten Classification des Schiffes nicht zu bemerken gewesen sei. In einem mangelhaften Zustand haben hiernach die Ketten der "Gerhardine" sich jedenfalls nicht befunden.

Eine weitere Frage ist aber die, ob jene Ketten die für jene exponierte Rhade erforderliche Stärke gehabt haben und in dieser Beziehung haben die englischen Hafenbeamten von Port Elizabeth in der vorhin erwähnten Auskunft angegeben, daß jene Ketten 1/8 resp. 1/16 unter der für die Rhade von Port Elizabeth vorgeschriebene Lloydsscala gewesen seien. Dieser Äußerung der englischen Zeugen steht die Aussage der Mannschaft der "Gerhardine", sowie der durch das Schiffsjournal bezeugte Anstand gegenüber, daß unmittelbar nach der Ankunft des Schiffes auf jener Rhade am 26. April jener Hafenmeister an Bord gekommen sei, die Ankerketten besichtigt und dieselben als genügend stark bezeichnet habe. Thatsächlich hat man dem auch die Ankerung der "Gerhardine" ohne weiteres zugelassen und hat die "Gerhardine" 14 Tage unbeanstandet auf jener Rhade gelegen, was andernfalls ohne Beschaffung des vorgeschriebenen Ankergeschirres nach der Hafenordnung nicht hätte geschehen dürfen. In den Port Instructions Africa Pilot Part III1884 Seite 90 heißt es: ,,But all vessels not provided with anchors and cables according to Lloydsscale of tonnage are to be anchored to the northward of the vessels until so provided ."

Von dieser Maßregel der entfernten Ankerung ist der "Gerhardine" gegenüber kein Gebrauch gemacht. Direct aufzuklären ist der in jenen beiderseitigen Aussagen liegende Widerspruch nicht gewesen. Bei der bekannten strengen Befolgung jener Hafenvorschriften ist aber die Thatsache, daß man die "Gerhardine" dort ohne Weiteres hat ankern lassen, entscheidend.

Eine nähere Erörterung der Frage, wie die anscheinend verschiedenartigen Vorschriften der Classificationsinstituts Bureau Veritas und Lloyd sich zu einander verhalten, hat ergeben, daß hinsichtlich der Stärken der Ketten zwischen den Vorschriften jener beiden Instituts wesentliche Unterschiede überall auch nicht bestehen. Wenn die Forderung des einen Instituts sich in einzelnen Fällen um ein Geringeres höher stellt, als die des anderen, so ist dies in Folge der jeder Classifications-Gesellschaft eigenartige Bestimmung der Nummern, welche der Berechnung der Materialstärken als Basis dienen. Zu einzelnen Fällen können daher auch die nach Veritas-Vorschriften berechneten Stärken für Ankerketten wiederum diejenigen von Lloyds um ein Geringeres übersteigen. In den meisten Fällen decken sich die Forderungen beider Gesellschaften. Bei der Normierung der Kettenstärken ist, wie die Erörterung ergeben, seitens des Bureau Veritas auf die Gefährlichkeit der Rhade von Port Elizabeth in gleicher Weise Rücksicht genommen wie seitens Lloyds.

Sollte sich nun in der That für die "Gerhardine" ein geringer Unterschied in der Kettenstärke herausstellen, so glaubt das Seeamt auf Grund der obigen Erörterungen hieraus doch nicht entnehmen zu sollen, dass die Ketten für das Ankern in Port Elizabeth nicht geeignet gewesen seien. Nach der ganzen Sachlage müßten dieselben als genügend bezeichnet werden.

Ein anderer Umstand der bezüglich des Ankerns der "Gerhardine" befremdlich erscheint ist der, daß die "Gerhardine" nur vor einem Anker lag, während nach den Port Elizabeth 1.c. bei längerem Liegen das Ankern mit zwei Bugankern (with two lower anchors) vorgeschrieben ist. Die "Gerhardine" hatte überdies den einen Anker auch nur 60 Faden Kette vorgegeben, während nach eben jenen Hafeninstructionen nur Schiffen, welche jene Rhade zur Einnahme von Wasser und Proviant anlaufen, das Ankern mit nur einem Anker gestattet ist. Diesem einen Anker haben dieselben aber 70-80 Faden Kette vorzugeben. Auch hierin ist die "Gerhardine" von den Hafenvorschriften abgewichen. Weshalb dies geschehen, hat in Folge des Todes des Schiffers nicht aufgeklärt werden können. Zu dem Unfall beigetragen haben jene Umstande zweifellos.

Ist nun auch das Brechen der Ketten der erste Anlaß zur Strandung der "Gerhardine" gewesen, so wurde jener Umstand auch Ansicht des Seeamts dem Schiffe und seiner Mannschaft voraussicht1ich nicht verderblich geworden sein, wenn man nur rechtzeitig die angebotene Hülfe angenommen hatte. In dieser Beziehung schließt sich das Seeamt dem Urteil der englischen Sachverständigen an und erblickt in dem Ausschlagen der Hülfe den von Schiffer Thomsen begangenen Hauptfehler.

Um 6 Uhr Morgens, fand der Bruch der Ankerketten statt, schon vor 7 Uhr befand sich der Hafendampfer zur Assistenz bei der "Gerhardine", noch um 8 Uhr zögerte Schiffer Thomsen die ihm angebotene Hülfe, sei es die des Schleppens, sei es die der Beschaffung anderen Ankergeschirrs anzunehmen, und versuchte es, sein Schiff durch Aussegeln aus dem Bereich der Gefahr zu bringen.

Nach den Aussagen der Zeugen wurden nur die Sturmstagsegel gesetzt. Daß das Aussegeln mit den vor dem Bug hängenden Ketten in dieser Weise nicht gelingen konnte, mußte dem Schiffer schon nach kurzer Zeit klar sein. Wollte er dennoch diesen Versuch fortsetzen, so mußte er unter allen Umstanden mehr Segel setzen. Nach den Angaben englischen Sachverständigen war die Witterung zwar stürmisch, aber nicht derartig, daß nicht mehr Segel hätten gesetzt werden können. Glaubte Schiffer Thomsen indeß nicht mehr Segel tragen zu können, so hatte er um so eher die Hülfe des Dampfer annehmen sollen, da es ihm unmöglich entgehen konnte, daß er während der beiden Stunden des Segelns mehr und mehr in die Bucht hineintrieb.

Daß in all dieser Zeit angesichts der immer drohenden Gefahr nichts weiter geschah als jener Versuch des Aussegelns unter kleinen Segeln, war ein großer Fehler. Das Seeamt kann dem verstorbenen Schiffer den Vorwurf nicht ersparen, daß er es in vorliegende Falle an der nöthigen Sorgfalt habe fehlen lassen. Selbst wenn Schiffer Thomsen am Leben geblieben wäre, würde er eine ausreichende Entschuldigung dafür, die angebotene Hülfe abgelehnt zu haben, schwerlich anzuführen vermögen.

Würde etwa ein zu hoher Schlepplohn gefordert und war dies der Grund weshalb Schiffer Thomsen das Schleppen ablehnte, so hatten doch wenigstens die angebotenen Anker angenommen werden sollen, der die "Gerhardine" neuer Anker unter allen Umstände bedürfte.

Die Ent1öschung der für Port Elizabeth bestimmten Ladung war noch nicht beendet und nach dem Verlust der beiden letzten Anker nebst einem erheblichen Theil der Ketten blieb dem Schiffer Thomsen nur das Reserveankergeschirr, welches, wie die dem Seeamt gewordene consularische Auskunft ergeben hat, für die exponierte Rhade von Port Elizabeth nicht geeignet war, zumal nicht bei dem herrschenden Seegange. Schiffer Thomsen dürfte daher auch keinesfalls darauf rechnen, durch jenes Reserveankergeschirr sein mehr und mehr den Stranden zutreibendes Schiff etwa noch vor dem Stranden zu bewahren.

Das Schiffer Thomsen sich damit begnügte unter Hinweis auf jenes ungenügende Reserveankergeschirr, die ihm angebotenen starken Anker und Ketten abzulehnen, war auch Ansicht des Seeamt um so ungerechtfertigter, da das Anbordbringen der Mooringstrossen ohne besondere Schwierigkeiten beschafft werden konnte. Es ist den Beisitzern des Seeamtes aus eigener Erfahrung hinreichend bekannt, mit welcher Geschick1ichkeit die dortigen Hafenbehörden den in Noth befindlichen Schiffen selbst während des schwersten Wetters die Ketten und Trossen der Moorings an Bord bringen; auch im vorliegenden Fall wäre dies zweifellos ohne Schwierigkeiten bewerkstelligt, da der Verkehr auf der Rhade zu jener Zeit noch ungehindert stattfand.

Durch das in jeder Weise ungerechtfertigte Ausschlagen der angebotenen Hülfe ist sonach die Strandung schließlich herbeigeführt.

Es erübrigt noch festzustellen, daß der Tod des Schiffers Thomsen durch die überschlagenden Sturzseen herbeigeführt ist. Der Tod der beiden Schiffsleute erfolgte durch Ertrinken. Rettungsgürtel wurden von denselben bei dem Abspringen von Schiff nicht benutzt, ob derselben bei der Strandung bereits vom Schiffe fortgeschwemmt worden waren, ließ sich nicht feststellen.

Die Beweisaufnahme hat Nichts dafür ergeben, daß die Ausrüstung der "Gerhardine" mit Rettungsgürtel mangelhaft gewesen sei.

 

Dr. O. Gohsler, L. Budach, C.L. Köhn, F.P.J. Temme, H.C.N. Zoder

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[1] altes Wort für Reede, Ankerplatz vor dem Hafen

[2] Colli = Sack, Behälter