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Lorentz

Lorentz (Lorentzen) Johann Öffnen Blatt

Gouverneur in St. Thomas/Karibik
* (s) 1645 in Flensburg
† 10.06.1702 in St. Thomas/Karibik
Vater: Lorentz
oo ....
Lebensphasen von Lorentz Johann:
Beruf:von ca. 1689 bis 1702 Gouverneur in St. Thomas/Karibik.
Notizen zu Lorentz Johann:
s.a. Slesvigland:
/http://www.slesvigland.dk/index.asp?start=&id=1-1&sorteringskriterie=1986&sprog=de&admin=&de=ja/

Johan Lorentzen
Lebensgeschichte eines Schleswigers auf der dänischen Westindien-Insel Sankt Thomas im 17. Jahrhundert
von : Jørgen H.Jensen

Johan Lorentzen, der Lorentz genannt wurde, war gebürtiger Flensburger, hatte in seiner Jugend Frankreich, Spanien und Italien bereist und beherrschte mehrere Sprachen. Dies sollte sich in seinem Leben noch als sehr nützlich erweisen. Im Jahre 1684 kam er auf der Insel Sankt Thomas in der Karibik an, wo er Arbeit bei der dänischen Handelskompagnie der Insel fand. 1687 stieg er zum Buchhalter auf.

Bevor wir den spannenden Lebensweg von Johan Lorentz weiterverfolgen, müssen wir einen kurzen Überblick über die Geschichte der dänischen Kolonie Westindien geben, um Lorentz' Handlungsweise in der Zeit, in der er den Dienst auf der Insel versah, zu verstehen.

1665: Dänemark nimmt die Insel Sankt Thomas in Besitz. Dänemark wählte aus zwei Gründen gerade diese Insel in der Karibik aus: zum einen, weil die Insel unbewohnt war, und zum anderen, weil sie einen vortrefflichen natürlichen Hafen besaß - wohl den besten Hafen in der Karibik überhaupt: groß, tief und von der Natur geschützt. Das Klima ist tropisch, und die Temperatur bietet nur geringe Schwankungen von Monat zu Monat.
Bei der Ankunft der Dänen war die Insel mit einem dichten Wald bedeckt, den man mit großer Mühe zu roden begann, um Tabak und Zuckerrohr anzubauen. Die dänischen Kolonisatoren konnten nicht wie die derzeitigen Spanier verfahren und Eingeborene zum Roden einsetzten, denn die Insel war bei der Ankunft der Dänen menschenleer wie angenommen, obgleich sehr viel später archäologische Ausgrabungen gezeigt haben, daß einst Indianer auf der Insel gewesen waren.

Es fehlen Arbeitskräfte
Das Hauptproblem der Kolonie war das Fehlen von Arbeitskraft. In Dänemark und auch in den Herzogtümern SCHLESWIG und Holstein war es schwierig, Leute für das westindische Abenteuer zu werben. Berichte von Krankheit und Tod von brennender Hitze, orkanartigen Stürmen und Moskitos erreichten die Heimat. Die Leitung der Kompagnie kam schnell zu dem Schluß, daß der weiße Mann sich zu harter körperlicher Arbeit unter der Tropensonne nicht eigne. Deshalb zwang man Indianer von den umliegenden Inseln zur Umsiedelung, um sie bei der Feldarbeit einzusetzen. Es zeigte sich aber bald als völlig unmöglich, dieses Naturvolk zur Sklavenarbeit zu zwingen. Statt dessen fing die Handelskompagnie an, Negersklaven von der dänischen Kolonie in Afrika, der Goldküste, zu importieren. Das erste Sklavenschiff erreichte Sankt Thomas im Jahre 1673 und brachte 103 afrikanische Sklaven mit. Damit begann ein dunkles Kapitel der dänischen Westindiengeschichte.

Der Gouverneur wird enthauptet
Wir nähern uns jetzt dem Jahre 1684, dem Zeitpunkt, zu dem Johan Lorentz zusammen mit dem neuen Gouverneur Gabriel Miland auf Sankt Thomas ankommt. Dieser Gouverneur verbrachte jedoch nur eine kurze Amtszeit auf der Insel, da die Regierung in Kopenhagen ihn bald viel zu eigensinnig fand. In einem Dienstschreiben berichtet Gabriel Miland, daß er eine spanische Fregatte gekapert habe, um Druck auf die Spanier ausüben zu können, da sie sich im karibischen Seegebiet nach seiner Ansicht eigenartig gebärdeten. Das war unterdessen der Regierung in Kopenhagen zuviel. Der Gouverneur mußte entfernt werden. Im Jahre 1686 wurde Miland abberufen, um vor Gericht gestellt zu werden; für ihn wird Christopher Hegn als Vizegouverneur eingesetzt. Im März 1689 wird das Urteil gefällt. Der Angeklagte Gabriel Miland hat Leben und Gut verwirkt und wird deshalb auf dem Neumarkt in Kopenhagen mit dem Beil hingerichtet.

Johan Lorentz wird Vizegouverneur über Sankt Thomas
Bereits im Oktober 1689 stirbt der regierende Vizegouverneur Christopher Hegn, und die Einwohner bestimmen, den Buchhalter Johan Lorentz die Verwaltung leiten zu lassen, bis nähere Weisungen von der Direktion der Handelskompagnie in Kopenhagen vorlägen. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der Kolonialbeamten, die von kleinlichen, persönlichen Interessen geleitet wurden, fühlte Lorentz sich der Gesellschaft verpflichtet, deren Nutzen er dienen sollte. Dies wurde u.a. offensichtlich durch die Tatsache, daß er sofort nach seinem Amtsantritt ohne Rücksicht auf die möglichen Folgen, die es für die Einstellung der Direktion zu seiner Wahl haben könnte, energisch der Forderung des Kolonierates, den Plantageneigentümern - auch Pflanzer genannt - eine Sondersteuer aufzuerlegen, entgegentrat. Lorentz wies auf die schlechten Erntejahre hin, die gerade vorausgegangen waren.

Die Stadt Taphus auf Sankt Thomas erhält einen neuen, wohlklingenden Namen: Charlotte Amalia
In einem Schreiben aus der Feder des Schleswigers Johan Lorentz heißt es, »der Bevölkerung wird kundgetan, daß die Stadt Taphus in Zukunft den Namen Charlotte Amalia führen soll, zu Ehren der königlichen Gemahlin König Christian des V.« Zugleich berichtet Lorentz, daß die erste lutherische Kirche erbaut worden sei »zwanzig Fuß breit und zweiundzwanzig Fuß lang«.

Die Brandenburger kommen nach Sankt Thomas
1684 bot sich eine gerngesehene Gelegenheit, die Wirtschaftlichkeit der dänischen Handelskompagnie zu festigen, als die dänische Regierung ein Schreiben aus dem norddeutschen Kurfürstentum Brandenburg empfing, das von dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm (später der »Große Kurfürst« genannt) regiert wurde. Dieses Fürstentum war auf dem besten Weg, ein Machtfaktor zu werden, mit dem in der europäischen Politik gerechnet werden mußte, und seine Regierung hegte Ambitionen, sich Zutritt zu dem überseeischen Handel zu verschaffen. Zu Beginn der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts hatten die Brandenburger einige Handelsstationen an der Guineaküste in Afrika angelegt, wo sie Negersklaven bei den örtlichen Stammeshäuptlingen einkauften. Ihr nächstes Ziel war es, sich eine feste Verteilerzentrale für den Handel nach der Karibik zu sichern. Zuerst versuchte man vergeblich, eine der französischen Inseln in Westindien zu kaufen; als dies fehlschlug, ging die Anfrage nach Kopenhagen mit der Bitte, die Insel Sankt Thomas als Zwischenhandelsplatz benutzen zu dürfen. Der dänische König Christian V. zeigte sich entgegenkommend.
Am 24. November 1685 bekamen die Brandenburger ein Stück Land überlassen, um eine Plantage zu errichten, die so groß war, daß sie ausreichte, 200 Sklaven zu beschäftigen. Für alle Waren, die von den Brandenburgern aus Sankt Thomas ausgeführt wurden, sollte ein Zoll von 5 % in Matura entrichtet werden. Für jedes Hundert Sklaven, das eingeführt wurde, und für je 50 Sklaven, die wiederausgeführt wurden, sollte ein Sklave an die dänische Handelskompagnie abgegeben werden. Als Gegenleistung blieb es den beiden Kompagnien alleine vorbehalten, Sklaven nach Sankt Thomas einzuführen. Die Abmachung galt für 30 Jahre; zusätzlich wurde ein Passus eingefügt, der die volle Souveränität der dänischen Krone über Sankt Thomas und die umliegenden Inseln unterstrich.
Zum Leiter der Brandenburger hatte der Kurfürst den Generaldirektor Laporte ernannt, der sofort damit anfing, Vorbereitungen zu einem Sklavenhandel in größerem Maße zu treffen, als in der dänischen Kolonie bisher bekannt war. Der Umsatz an Sklaven und Waren, den die Brandenburger erzielten, übertraf schnell den eher zurückhaltenden Handel der dänischen Kompagnie. Die Plantagenbesitzer auf Sankt Thomas begrüßten die Entwicklung mit Begeisterung. Der Wettbewerb zwischen der dänischen und der deutschen Kompagnie brachte die Bewohner als Verkäufer und als Käufer in eine bedeutend bessere Position, als es bisher der Fall gewesen war, wo die dänische Kompagnie das Monopol über alle Handelsbeziehungen auf der Insel hatte.
Die Pflanzer wußten, daß sie in dem Vizegouverneur Johan Lorentz einen Mann bekommen hatten, der ihre Probleme verstand. Lorentz war unterdessen aber auch der Mann der dänischen Kompagnie. Bald nach seinem Amtsantritt mußte festgestellt werden, daß die Brandenburger in einen beträchtlichen Rückstand mit ihren an die dänische Kompagnie abzuführenden Zahlungen geraten waren. Als über die Abrechnung keine Einigkeit erzielt werden konnte, nutzte der neue Vizegouverneur der Kolonie die Gelegenheit zu zeigen, wer Herr auf der Insel war. In Anwesenheit des Kolonierates wurde das Magazin der Brandenburger aufgebrochen, und es wurde feierlich eine Pfändung für den geschuldeten Betrag durchgeführt, indem Zucker und Baumwolle aus den gelagerten Beständen beschlagnahmt wurden.
Dadurch wurden die Grenzen scharf gezogen, und der erboste Brandenburger Laporte berichtete den Vorfall seiner Regierung in Berlin, die darauf mit einer diplomatischen Anfrage in Kopenhagen vorstellig wurde. Während in Europa dänisch-deutsche Verhandlungen stattfanden, hielt Lorentz auf Sankt Thomas an der harten Linie fest. Obgleich die Brandenburger und ihre Anhänger unter den Pflanzern zahlenmäßig überlegen waren und eine immer drohendere Haltung einnahmen, wich er nicht zurück, sondern beschlagnahmte zusätzlich eines ihrer Sklavenschiffe im Hafen. Dadurch wurde ein weiterer Klagepunkt auf die Liste der deutschen Unterhändler gerückt.
Die Brandenburger auf Sankt Thomas fühlten sich durch die dänische Kontrolle in ihrer Geschäftsaktivität gestört und suchten auf jede Weise nach Wegen, sie zu umgehen.
Von den Brandenburgern wurden mehrere Pläne in Angriff genommen, um sich vor den Abgaben an Dänemark zu drücken. Ein Plan lief darauf hinaus, die Insel Tobaco dem Fürsten von Kurland abzukaufen, aber dies scheiterte an englischem Widerstand. Ein anderer Plan ging darauf aus, eine unbewohnte Insel einzunehmen - die Crab-Insel, die zwischen Sankt Thomas und Puerto Rico liegt. Im Jahre 1688 hatte der dänische Vizeadmiral Hoppe die dänische Flagge auf der Insel gehißt, aber es war kein Rückhalt und keine Hilfe zu einem Kolonisierungsversuch vorhanden gewesen. Als Lorentz 1692 von dem Plan der Brandenburger, die Crab-Insel zu besetzen, hörte, sandte er sofort von Sankt Thomas ein Schiff dorthin. Als sich die brandenburgische Besatzung vier Tage später der Insel näherte, sahen sie den Danebrog über der Insel wehen und mußten unverrichteter Dinge umkehren.
Der Vizegouverneur Johan Lorentz hatte sich wieder einmal als tüchtiger Wahrer der dänischen Interessen in Westindien gezeigt.
Aus dieser Zeit, 1691, wissen wir, daß Lorentz die Witwe des verstorbenen Vizegouverneurs Christopher Hegn geheiratet hat. Im März 1694 wurde Lorentz zum Gouverneur mit dem Titel »Vizekommandant über Unser Land Sankt Thomas« ernannt, eine Ernennung, die im April vom König bestätigt wurde.

Mehrere der bekannten Seeräuber des 17. Jahrhunderts haben mit Sankt Thomas Verbindung gehabt. Dies gilt u.a. von dem alten Piratenhauptmann Bartholomäus Sharp, von dem Gouverneur Lorentz im Jahre 1698 schreibt, daß er »ein sehr gottloser Kerl war, der vor 15 oder 16 Jahren als einer der vornehmsten und herrschaftlichsten Anführer aller Seeräuber gegolten hatte, die zu jener Zeit hier dieses Handwerk ausübten«.

»Wegen seiner Gottlosigkeit und seiner großen Brutalität« hatte er keinen festen Ort in den britischen Kolonien finden können. In den 90er Jahren betrieb er auf Sankt Thomas eine Plantage mit sieben Negern und Negerinnen. Um sich seiner Schuldenlast zu entziehen, beschloß er im Jahre 1698, die Insel zu verlassen. Er verabredete mit dem Kapitän eines englischen Schiffes, daß er und sein Eigentum, darunter auch die Sklaven, abgeholt würden. Diese jedoch schöpften Verdacht und versteckten sich im Wald. Bevor sie gefunden wurden, erreichten die Leute von der Festung den Ort und nahmen Sharp fest. Während des Verhörs stellte sich heraus, daß Sharp zuvor geäußert hatte, er würde Sankt Thomas jeden möglichen Schaden zufügen, den er würde tun können. Sein Eigentum wurde konfisziert und er selbst zu lebenslanger Haft verurteilt. Gouverneur Lorentz versuchte, ihn in das berüchtigte Gefängnis und Arbeitshaus Bremerholm in Kopenhagen überführen zu lassen, weil er fürchtete, Sharp könne entkommen und seine Rachepläne ausführen. Bremerholm hingegen wollte keinen arbeitsunfähigen Menschen aufnehmen. Da Sharp krank war, verblieb er mit einer seiner Negerinnen als Aufwärterin im Gefängnis der Festung.
Das Tagebuch des Gouverneurs berichtet am 6. April 1699 von der Ankunft eines englischen Schiffes, von dem wir heute wissen, daß es die von Kapitän William Kidd vor Madagaskar gekaperte »Quedah Merchant« war. Das Fahrzeug ankerte, ohne einen Salut abzugeben, außerhalb der Reichweite der Kanonen des Forts. Der Kapitän sandte einen Boten an Land mit der Bitte, den Hafen anlaufen zu dürfen. Lorentz, der sich wahrscheinlich Gedanken über das merkwürdige Verhalten gemacht hatte, ließ darauf antworten, falls der Kapitän beweisen könne, daß er ein ehrlicher Mann sei, dürfe er ruhig hereinkommen. Kidd war damit jedoch nicht zufrieden, sondern wünschte Sicherheit gegenüber eventuellen Auslieferungsforderungen von englischer Seite. Lorentz schöpfte jetzt ernsthaft Verdacht, und da er es mit der englischen Seemacht nicht zu verderben wünschte, schlug er es nach längeren Beratungen aus, irgendwelche Sicherheit vor einer Auslieferung zu gewähren.

Die Geschichte endete damit, daß Kidd sein Schiff zu einer kleinen Insel nahe Haiti steuerte, nachdem er zuvor fünf Personen an Land gesetzt hatte, darunter seinen Schwager Samuel Bradley, der zwei Jahre lang ununterbrochen krank an Bord gelegen hatte. Während sich Kidd auf jener Insel aufhielt, wurde er von einem gewissen William Burke aufgesucht, der auf der Landliste von 1698 als Einwohner von Sankt Thomas aufgeführt wird und der Kidd seine Hilfe anbietet, die Ladung abzusetzen. Im Mai 1699 fand sich Burke bei Lorentz auf Sankt Thomas ein und bot ihm einen Teil der Beute an, wenn er ihm helfen würde, die Waren loszuschlagen. Lorentz aber lehnte ab, da er, wie er sagte, mit Piraten nichts zu tun haben wolle. Burke verständigte sich daraufhin mit der brandenburgischen Handelskompagnie, die von solchen Skrupeln nicht belastet war. Jetzt folgten einige bewegte Nächte, in denen die Brandenburger emsig damit beschäftigt waren, die Waren vom Schiff in das Lagerhaus auf Sankt Thomas zu verfrachten. Das nächtliche Treiben weckte die Aufmerksamkeit des Gouverneurs Lorentz, und er beschloß einzugreifen, obgleich die Brandenburger ihn zu bewegen versuchten, sich ruhig zu verhalten. Ein Teil der Waren wurde im Hause eines Einwohners aufgespürt und in das Fort gebracht; gegen Burke wurde eine Untersuchung eingeleitet. Ihm wurde eine Buße von 300 Reichstalern auferlegt, zudem mußte er 5.000 Reichstaler als Garantie dafür deponieren, daß das Geschäft nicht rechtswidrig sei. Diese Summe wurde wahrscheinlich mit brandenburgischer Hilfe aufgebracht. Dafür durften die Waren im brandenburgischen Lagerhaus liegenbleiben, bis sie später mit einem ihrer Schiffe weitertransportiert werden konnten.

Der Sklavenhandel
Nun darf man nicht glauben, Lorentz habe sich nur mit dem Problem der Brandenburger herumzuschlagen gehabt. Zu seiner Zeit als Gouverneur geschah noch viel anderes auf der Insel. Zum Beispiel kam im Jahre 1698 das Sklavenhändlerschiff »Kjøbenhavns Børs« mit 280 afrikanischen Sklaven an Bord nach Westindien. Das Schiff hatte bei der Verladung an der Goldküste 506 Neger an Bord genommen, aber die Verluste während der Überfahrt waren erschreckend hoch gewesen, 226 Neger waren umgekommen, das sind 44 %. Johan Lorentz behauptete, daß er noch nie so heruntergekommene Sklaven gesehen habe. Um den schlimmsten Mängeln abzuhelfen, erhielten die Sklaven reichlich zu essen und bekamen wenn nötig eine Zugabe Fleisch, so daß sie während der Verkaufsauktion ein einigermaßen erträgliches Bild abgeben konnten.
Die Verhältnisse auf den Schiffen waren abscheulich. In der Regel lagen die Sklaven auf Regalbrettern aneinandergekettet. Man hielt einen Abstand von 70 cm in der Höhe zwischen den einzelnen Regalschichten für ausreichend. Wenn die Sklaven während der Monate, die die Überfahrt dauerte, sich aufzurichten versuchten, schlugen sie mit der Stirn an das darüberliegende Fach. Die Afrikaner lagen zumeist ohne Kleidung auf den rohen Brettern; so erlitten sie Wunden und große Hautabschürfungen am ganzen Körper, wenn das Schiff sich einige Tage in schwerer See befand. Jeden Morgen fand man lebende Sklaven mit toten zusammengefesselt. Wie viele Sklaven ein Sklavenhändler geladen haben konnte, lag gänzlich beim Kapitän. Man unterschied zwei Sorten von Sklaven-Kapitänen, solche, die »lose« packten, und solche, die »dicht« packten. Die ersteren meinten, daß sie die Sterblichkeit dadurch reduzieren könnten, indem sie ihren Sklaven mehr Platz zukommen ließen, die anderen fanden, daß bei größerer Ladung der Nettoverdienst letzten Endes immer größer wäre. Das einzige, was die Kapitäne fürchteten, war Krankheit an Bord des Schiffes. Besonders gefürchtet war eine verbreitete Augenentzündung, die auf die Gonorrhoe folgte und Blindheit nach sich zog. Als Beispiel kann das französische Sklavenhändlerschiff »Rodeur« angeführt werden, auf dem die ansteckende Augenkrankheit im Lastraum ausbrach, ein Sklave nach dem anderen erblindete und sich die Krankheit auf Deck verbreitete, obwohl der Kapitän das Unglück dadurch zu stoppen versuchte, indem er vorsorglich 39 Neger über Bord warf. Bald waren all die weißen Besatzungsmitglieder erblindet mit Ausnahme eines einzigen Seemanns, der sich Tag und Nacht an das Ruder klammerte, um Land ansteuern zu können. Unterwegs kam er in Kontakt mit einem spanischen Sklavenschiff, aber der Anblick der vielen Blinden, die auf Deck umherirrten, versetzte die Spanier in einen solchen panischen Schrecken, daß sie sofort alle Segel setzten und aus der Sicht verschwanden. Der einsame Rudergänger mußte weiterhin die Dinge ohne Hilfe meistern, bis der Tag kam, da er den anderen erzählen konnte, daß Guadeloupe in Sicht sei.
Der Sklavenhandel wurde nicht allein daran gemessen, welche Preise mit den Sklaven erzielt werden konnten; das Zustandebringen von Ladungen, die nach Dänemark zurückgehen sollten, war ebenfalls eine sehr wichtige Seite des Wirkens von Johan Lorentz. Es war eine Aufgabe, die viel forderte. Zu dieser Zeit gab es nicht genügend Lagerraum, und da die Lagerung von verderblichen Waren wie Zucker, Tabak, etc. zeitlich begrenzt war, führte es dazu, daß die Schiffe häufig Erlaubnis bekamen, eine längere Zeit im Hafen zu liegen, bis es gelungen war, eine einigermaßen annehmbare Ladung zusammenzubringen. Besonders schwierig war die Situation für Lorentz im Jahre 1698, als die »Kjøbenhavns Børs« wie schon erwähnt im September in Charlotte Amalia ankam, aber erst im Februar 1699 mit Zucker, Baumwolle, Indigo, Tabak und Kakao beladen nach Kopenhagen zurückkehren konnte. Johan Lorentz bewies oft gute Kenntnis im kaufmännischen Gewerbe. Er machte auf diese Weise gute Geschäfte im Auftrag der Kompagnie, indem er z.B. die Ladung von holländischen »Interlopere«, das sind Schiffe, die Handel unter Umgehung der autorisierten und monopolisierten Handelsgesellschaften betrieben, im Hafen von Charlotte Amalia aufkaufte. Einen Vorschlag der Direktion in Kopenhagen, dänisches Mehl in die Kolonie zu exportieren, lehnte Lorentz ab, da die Neuenglandstaaten (die späteren USA) angefangen hatten, Mehl von bester Qualität zu niederen Preisen zu verkaufen. Er wußte dadurch, der Insel neue Handelsmöglichkeiten zu schaffen.
In den Jahren 1700 bis 1701 kam es zu einem umfassenden Krieg zwischen den europäischen Mächten. Das war eine Gelegenheit, der Lorentz mit großen Erwartungen entgegensah, »denn jetzt ist es Zeit, den Pflug gut zu nutzen« wie er sagte. Lorentz dachte dabei daran, daß Dänemark es immer verstanden hatte, seine Neutralität in Kriegszeiten zur Steigerung seines Handels zu nutzen. - Lorentz selbst erlebte nur den Anfang dieser goldenen Zeit, da er nach längerem Unwohlsein am 10.6.1702 starb. Mit klarem Kopf und Entschlossenheit hatte dieser Flensburger die Kolonie geleitet. Er war ein guter Mann für die Handelskompagnie gewesen und hatte das Vertrauen der Direktion in Kopenhagen gewonnen. Als Anerkennung seiner Verdienste nahm er kurz vor seinem Tode zwei »Ochsenköpfe« Wein (ca. 228 Liter pro »oksehoved«) und die Zusicherung einer Gehaltserhöhung auf 100 Reichstaler jährlich in Empfang: eine bescheidene, aber sehr willkommene Würdigung.
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Stand: 24.12.2013 12:52:29
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