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Carstensen

Carstensen Dorothea Öffnen Blatt

* 13.09.1880 in Altona/Hamburg
† 1972 in Harsefeld
Mutter: Petersen Maria Christine (Miete)
oo 03.1905 mit Wulff Karl Martin, * 22.01.1882 in Altona/Hamburg, † 05.10.1959 in Schleswig.
Notizen zu Carstensen Dorothea:
Dorothea wuchs im Arbeiterviertel Altona in beengten, ärmlichen Verhältnissen auf. Dort lernte sie den Arbeiter Karl Wulff kennen und heiratete ihn im März 1905. Karl Wulff war zunächst mehrere Jahre als Tagelöhner beschäftigt gewesen und dann in einer Ziegelei tätig. Später arbeitete er in einer großen Fabrik als Packer und verdiente dort bei harter Arbeit 24 Mark die Woche. Die Miete kostete bereits 4 Mark. So blieb nicht viel zum Leben. In rascher Folge wurden vier Kinder gebore n. "Die kleine arme Frau ist nett aber nicht sehr energisch, steht ganz allein ohne Hülfe, ist von der Stiefmutter gar nicht angehalten, das ihr das Waschen, Kochen Reinmachen und Kinderwarten schwer fällt."
Die Kinder wachsen in bitterer Armut auf. Manchmal weiß Dorothea nicht, wie sie die Familie satt bekommen soll. In der kälteren Jahreszeit müssen die Kinder an manchen Tagen in der Wohnung bleiben, weil sie kein geeignetes Schuhwerk haben. Ihre Aussteuermöbel, das Sofa, die Stühle, Tisch und Schrank, muß sie weggeben, vermutlich, um damit das Familieneinkommen aufzubessern.
Nach 1907 verliert sie den Kontakt zu ihren Stiefeltern, "so daß die kleine Frau ganz allein der Willkür ihres Mannes überlassen" ist. In dieser verzweifelten Lage scheint sich für Dorothea doch noch eine Chance auf Hilfe zu finden.
Im Herbst des Jahres 1909 bemühte sich Nicoline de la Motte, eine Freundin der Familie Petersen, um Hilfe für Dorothea. Sie hatte s chon häufiger Kleider aus altem Zeug für Dorotheas Kinder genäht. Außerdem kannte Nicoline das Schicksal Dorotheas. Als Freundin der Marie Petersen sen., die wohl schon damals bei der Vermittlung der Stiefeltern geholfen hatte, kannte sie die Ruruper Großeltern, die sich nicht zu ihrer Enkelin bekennen mochten. Nun schrieb sie nicht etwa direkt nach Rurup, um dort Hilfe für die Enkelin zu erbitten, sondern an Lene Brodersen, eine Tante Dorotheas in Tarup. Ihren Brief faßte sie zur Sicherheit so ab, daß jeder ihn lesen konnte, ohne zu wissen, daß es um die verstoßene Enkelin der Petersens ging:
"Liebe Frau Lene!
Ich darf Sie doch so nennen, nicht wahr? Stehen wir uns doch nahe, durch die gleiche treue Liebe zu ein und demselben Menschen (Gemeint ist ihre Freundin Marie Petersen sen.). Eben diese Liebe entschuldigt auch mein Schreiben, ich wollte Sie nämlich bitten, ob Sie mir etwas helfen könn ten, eine verwandte Familie etwas heraus zu helfen."
Nach der Schilderung der unglücklichen Lebensumstände meint sie weiter:
"Nun wollen wir die letzten 2 oder 3 Tage nach Rurup, denn wollte ich Marie für meine Kleinen interessieren ... ich fürchte Johannes hat kein Interesse dafür, aber Marie ist ja immer so gut."

Ihre Bemühungen schlugen jedoch fehl. Lene Brodersen gab den Brief an ihren Sohn Hans weiter, der sofort antwortete. Er rät ihr dringend ab, die Petersens in Rurup zu behelligen. Außerdem ist er der Meinung, daß die Familie Wulff recht gut mit dem Geld hinkommen könne, wenn nur die Frau kräftig arbeite. Er will die Angelegenheit selbst in Rurup ansprechen. In ihrer Antwort an Hans Brodersen bemerkt Nicoline, dass es wohl für Hans Brodersen nicht möglich sein würde, in Rurup dieses Thema anzuschneiden, ohne gleichzeitig bekanntzugeben, woher die Informationen stammten. Nicoline fürchtet, daß Marie Petersen ihr deshalb die Freundschaft aufkündigen könnte. Sie beschreibt wiederum die verzweifelte Lage Dorotheas, um resigniert zu schließen:
"Lieber Herr Brodersen, Sie werden gewiß sagen, lange Litanei nach Frauenart ... ich denke, daß sie (Dorothea und ihre Kinder) früher oder später doch zur Familie gehören werden und wollte so gern, daß Tante Marie und Miete Freude an ihnen haben könnten und sie bis dahin nicht ganz umkommen."

Diese Initiative Nicolines war also gescheitert. Niemand in Rurup erfuhr etwas von den Lebensumständen Dorotheas, denn Nicoline traute sich jetzt sicher nicht mehr, selbst in Rurup vorzusprechen. Vermutlich sprach sie auch mit niemanden mehr über die häuslichen Verhältnisse Dorotheas. Die junge Familie Wulff zog dann 1913 nach Harsefeld bei Hamburg. Dort ging es langsam bergauf.

Marie und Johannes (die Großeltern) konnten noch ihre Goldene Hochzeit feiern, doch die Zeit blieb nicht stehen in Rurup. Schon eine Weile kränkelte Johannes: "Johannes und ich haben es etwas in der Luftröhre und Husten." Noch vor Kriegsende starb er. Marie Petersen (Großmutter) blieb mit Miete (Mutter) allein in Rurup zurück. Nun, im Alter, wollte sie ihre Verhältnisse endlich geordnet wissen. Dazu gehörte, daß sie Miete als Erbin der Mühle und der zugehörigen Landwirtschaft von über 40 ha einsetzte. Miete, die ihr Leben lang ein "Fräulein" geblieben war, mußte eine Vollmacht zugunsten ihrer Vettern Hans Brodersen, Tarup, und Hans Möller, Schwanholm bei Scheggerott, unterschreiben. Im September 1925 bevollmächtigte sie die beiden vor dem Notar Elsner in Flensburg, sie in allen Vermögensangelegenheiten zu vertreten. Das kam einer Entmündigung gleich. Als ihre Mutter 1926 verstarb, konnte sie immer noch nicht eigenverantwortlich handeln und blieb weiter unterdrückt. Nicht einmal die brennendste Frage ihres Lebens, was aus ihrer Tochter geworden war, wagte sie, allein anzugehen. Erst als sie selbst daran ging, ihre testamentari sche Nachfolge zu bestimmen, kam Bewegung ins Spiel. Nie zuvor war der Kontakt zustandegekommen. Nun im Alter mochte sie ihre Tochter nicht selbst suchen. Sie wußte ja auch gar nicht, wo ihre Tochter geblieben war. Hans Brodersen, ihr Vetter, kannte zumindest den Namen aus dem Jahrzehnte zurückliegenden Schriftwechsel mit Nicoline de la Motte.
Endlich nach Jahrzehnten der Ungewißheit, wurde der Rechtsanwalt Elsner 1933 beauftragt, Dorothea zu finden. Die gesamte Korrespondenz lief über ihren Verwandten in Tarup, der offensichtlich nichts dabei fand, sich in die Angelegenheit einzumischen. Der Rechtsanwalt schlägt vor, mit dem ältesten Enkel Kurt Wulff einen Überlassungsvertrag zu schließen, daß die Übernahme des Mühlenbetriebs erst nach "dem Tod des Fräulein Petersen erfolgen soll." Tatsächlich erteilte das Amtsgericht Kappeln am 22. Februar 1934 Marie Petersen die Erlaubnis, ihren Enkel Kurt Wulff, der auf dem Hof Knüll bei Bargstedt als Melker beschäftigt war, als Erben einzusetzen. Kurt Wulff mußte die Verpflichtung übernehmen, seiner Mutter Unterhalt auf dem Hof zu gewähren.
Erst 1945 nach dem Tod Mietes kamen ihre Tochter und ihre Enkel nach Rurup. Doch alles entwickelte sich noch einmal anders, weil Kurt in den letzten Kriegswochen fiel. Dorothea Wulff blieb auf der Abnahme wohnen. Sie starb 1972 im Alter von 92 Jahren in ihrer alten Heimat Harsefeld. Dort ist auch ihr Grab und nicht in Norderbrarup.
Kind:
Wulff Kurt Karl
* 15.08.1906, gen. 25.04.1945
Signatur: 60697
Forscher: © /http://www.Adelby.com/ Helmut Martensen, 24943 Flensburg; EMail: Martensen@t-online.de
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Ahnentafel
1 Carstensen Dorothea
* 13.09.1880 Altona/Hamburg † 1972 Harsefeld
6 Petersen Johann Diedrich, Müller
* 02.07.1837 Rurupmühle b. Norderbrarup † 26.02.1918
oo ...
12 Petersen Detlef Johann (>>)
* 19.11.1807 Rurupmühle b. Norderbrarup † 17.06.1847 Rurupmühle b. Norderbrarup
oo 1/1 ...
13 Henningsen Marie Christine
* 15.03.1813 Gammelby † 12.04.1888
3 Petersen Maria Christine, Mühlenbesitzerin
* 03.09.1863 Rurupmühle b. Norderbrarup † 17.02.1945
7 Clausen Ingeburg Maria
* 24.08.1841 Tarup/Flensburg † 18.08.1926
14 Clausen Martin (>>)
Bohlsmann
* 04.12.1816 Tarup/Flensburg † 21.12.1893 Tarup/Flensburg
oo 2/1 1840
15 Henningsen Christine Marie
* 03.05.1815 Gammelbygaard b. Sörup † 25.10.1874 Tarup/Flensburg

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© www.Adelby.com/ Helmut Martensen,24943 Flensburg; EMail: Martensen@t-online.de

Stand: 24.12.2013 12:38:10
Erstellt mit dem Genealogieprogramm GFAhnen 13.0

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